Alles hat ein Ende, nur die Welt hat mehr

Von Niels Jürgens // 14. Juli 2020 // Weltenbummler

60 Meter unter sich der wild schäumende Atlantik, die Augen auf den unendlichen Horizont geheftet, das Herz voller Sehnsucht – so stand Heinrich der Seefahrer Anfang des 15. Jahrhunderts am Rande der schroffen, sturm-
umtosten Steilküste des Cabo Sao Vicente und blickte auf das Ende der Welt. 

Heute wissen wir, dass die Welt keineswegs am südwestlichsten Zipfel Portugals, jenseits der Mauern der Fortaleza de Sagres, zu Ende ist, doch die raue Magie des Ortes bleibt bis heute.

Wo die Welt zu Ende ist, ergreift uns stets ein ganz eigenes Gefühl. Eine atemberaubende Faszination für das Unbekannte und eine Ahnung von der Weite der Welt. Wir fühlen uns unsicher und sicher zugleich, hinfortgezogen und im selben Augenblick angekommen. Von hier...

60 Meter unter sich der wild schäumende Atlantik, die Augen auf den unendlichen Horizont geheftet, das Herz voller Sehnsucht – so stand Heinrich der Seefahrer Anfang des 15. Jahrhunderts am Rande der schroffen, sturm-
umtosten Steilküste des Cabo Sao Vicente und blickte auf das Ende der Welt. 

Heute wissen wir, dass die Welt keineswegs am südwestlichsten Zipfel Portugals, jenseits der Mauern der Fortaleza de Sagres, zu Ende ist, doch die raue Magie des Ortes bleibt bis heute.

Wo die Welt zu Ende ist, ergreift uns stets ein ganz eigenes Gefühl. Eine atemberaubende Faszination für das Unbekannte und eine Ahnung von der Weite der Welt. Wir fühlen uns unsicher und sicher zugleich, hinfortgezogen und im selben Augenblick angekommen. Von hier aus geht es nicht weiter – oder doch? 

Selbe Küste, knapp zweitausend Kilometer weiter nördlich. Ganz im Nordwesten Frankreichs reckt sich das Finistère in den Atlantik, der wildeste Zipfel der Bretagne. Schon für die Römer lag hier das Finis Terrae, das Ende der Welt. An den Küsten ducken sich kleine Steinhäuser in die Heidelandschaften, die Städte sind geprägt von mittelalterlichem Charme. Kilometerlange Sandstrände wie in der Bucht von Audierne, bizarre Felslandschaften wie an der Côte de Granit Rose und Fischerorte wie das pittoreske Concarneau, ergeben zusammen einen Landstrich, in dem man sich weit entfernt von allem fühlen kann – außer vielleicht von sich selbst.

Im Gegensatz zu Heinrich dem Seefahrer oder den Römern haben wir unseren Radius bei der Suche nach dem Ende der Welt natürlich wesentlich vergrößert. Und so landen wir heute, wenn wir noch mehr Abstand zwischen uns und unseren Alltag bringen und unseren Abenteuerhunger stillen wollen, in Ushaia, der Hauptstadt Feuerlands in Patagonien. Hier, am südlichsten Ende Südamerikas, zwischen Gletschern und spektakulären Gebirgszügen, an den Ufern smaragdgrün schimmernder Bergseen, im Angesicht wilder Lamas, Seelöwen und Pinguine, zeigt sich das Ende der Welt auf denkbar unendlichste Art und Weise. 

Objektiv betrachtet liegt das Ende der Welt aber ganz woanders. Zumindest für uns Europäer. Nämlich dort, wo wir wirklich nicht weiterkönnen, ohne uns unserer Heimat wieder anzunähern. Dieser Ort müsste – jedenfalls so ungefähr – irgendwo auf einer der 172, größtenteils unbewohnten, Inseln des südpazifischen Königreiches Tonga liegen. An einem der unzähligen weißen Strände oder in einer der vielen mysteriösen Unterwasserhöhlen, in denen sich Fische von unermesslicher Farbenpracht tummeln. Wer dieses Paradies erreichen will, muss von Deutschland aus allerdings erst einmal gut 16.600 Kilometer hinter sich bringen.

Das Ende der Welt liegt also meistens nicht gerade um die Ecke. Oder doch? Kennen Sie zum Beispiel Nieperfitz…?

Das ist Dein Ende Wie bei einem Roman sehr wichtig: Das Ende muss einem gefallen. Deshalb hier eine kleine Einführung, damit Sie am Ende nicht am falschen Ende landen.

Das Cabo Sao Vicente ist, wie die gesamte West-Algarve, ein Paradies für Surfer. Und für alle, die sich vor einer starken Brandung nicht fürchten. An der Südseite Richtung Lagos geht es in kleinen Buchten etwas gemütlicher und familienfreundlicher zu.

Ins Finistère zieht es alle, die auch in kaltem Wasser baden, Crêpes, Austern und Cidre lieben, frische Luft, Einsamkeit und die Poesie des einfachen Alltages schätzen.

Nach Patagonien reist, wer sich auch in den Alpen wohlfühlt, den Sommerurlaub gerne in dicker Jacke verbringt und schon immer einen Brief im südlichsten Postamt der Welt einwerfen wollte.

Tonga passt für alle, die gerne mal in ein Südsee-Postkartenmotiv eintauchen wollen und die genügend Zeit mitbringen, sich an einen der von Deutschland am weitesten entfernten Orte der Welt zu begeben. Paradiesisch!

MEHR LESEN WENIGER LESEN
AUSGABE BELLBOY TRAVELLER 01/20
STADT // LAND // KONTINENT Frankreich // Patagonien // Tonga // World
FOTOGRAFIE // ILLUSTRATION Finistère: Ah Riz Ko, Baptiste Heschung, Eric Tanas, Jacques, Thomas Haver (2) alle auf Pixabay; Gautier Salles, Guillaume Issaly beide auf unsplash, DERENNES Yannick GUILLAUDEAU Donatienne – CRT Bretagne; Tonga: Gary Webber/ iStock.com by Getty Images; Feuerland: Anna Neuenschannder und CL beide auf pixabay